Ob Liebe, Ehrlichkeit, Depressionen oder Hass. Sie alle werden aus neurolinguistischer Perspektive der sogenannten Nominalisierung zugeordnet. Allein in der Überschrift sind fünf Nominalisierungen untergebracht. Die Nominalisierung wird als sprachliches Mittel gerne genutzt. Ob als Eye-Cacher im Marketing, Headliner in Artikeln oder in der Alltagssprache, bspw. in Beziehungen.
- Was genau ist eigentlich eine Nominalisierung?
- Wieso wird sie so häufig genutzt?
- Und welche Gefahren gehen mit der Verwendung einer Nominalisierung einher?
Eine Nominalisierung ist eine Kategorie eines hypnotischen Sprachmusters. Verben oder Adjektive werden “nominalisiert,” also sprachlich in ein Nomen gepackt. In dieser Transformation geht etwas verloren. Der Prozess nämlich, wie es eigentlich zu dem kommt, was man ausdrücken möchte. Das klingt komplizierter als es eigentlich ist.
Nominalisierung – ein hypnotisches Sprachmuster
Hypnotische Sprache verwenden und brauchen wir. Diese vereinfacht und ermöglicht erst Kommunikation.
Die hypnotische Sprache ist vage und demnach interpretierbar.
Stell dir vor, du gibst jemandem einen Bilderrahmen mit leerer Leinwand. Diese Leinwand gestaltet dein Gegenüber dann selbst. Er oder sie füllt den Rahmen auf der Basis der Erfahrungen, die er oder sie in der Vergangenheit gemacht hat. Ein einfaches Beispiel dafür wäre: “Stell dir den Ort vor, an dem du dich am wohlsten fühlst.” Der Rahmen ist der Lieblingsort. Die Leinwand wird individuell gefüllt. Welcher Ort ausgewählt wird, weiß ich vorher nicht. Das ist nämlich je nach Gusto, Prägung oder Vorliebe hochgradig unterschiedlich.
Auch die Nominalisierung gehört in die Kategorie der hypnotischen Sprachmuster. Schauen wir uns beispielsweise bekannte Werbespots an, werden wir immer wieder auf die ein oder andere Nominalisierung stoßen. Ob Sicherheit, Freude, Spaß oder Nutzen im Vordergrund stehen, füllen wir die Leinwände dieser Rahmen oft unbewusst auf der Basis unserer Vorstellungskraft.
Wie gut würde sich das anfühlen, eine Beziehung auf der Basis von Liebe und Vertrauen zu führen. Gemeinsam einen Rahmen zu erschaffen, in der echte Begegnungen und Sicherheit grundlegend sind. Wie sehr reizt dich eine solche Beziehung?
Ein “Must-Have” in der Beziehung ist Vertrauen, Liebe, Sicherheit oder Treue.
Wie oft hören wir solche Idealvorstellungen und wie schnell sind sich oft beide Parteien über diese Ideale einig? Wieso kommt es dennoch immer wieder zu Missverständnissen und Streitigkeiten, wenn man sich vorher so einig war? Ein Grund ist die häufige Verwendung des Sprachmusters der Nominalisierung. Hast du dich einmal gefragt, was Liebe oder Vertrauen für dich konkret bedeuten? Wie kommst du eigentlich dazu, zu vertrauen? Wie machst du das, das du liebst?
In der Partnerschaft
Das Bild, dass innerhalb des Rahmens der Nominalisierung gezeichnet wird, ist hochgradig individuell.
Ebenso wie der Mensch, der es ausmalt. Deshalb verstehen zwei Menschen meistens etwas vollkommen unterschiedliches unter Liebe oder Vertrauen. Der Eine interpretiert Vertrauen als: “Mein Partner informiert mich über alles, was er tut.” Der andere als: “Meine Partnerin kann tun was sie will – das wichtige wird sie mir schon sagen.”
Zwei Interpretationen, einer Nominalisierung. Ohne vorher darüber geredet zu haben, was diese konkret bedeuten, können sie zu erheblichen Missverständnissen führen. Häufig gehen wir Menschen davon aus, dass unser Gegenüber unter bestimmten Dingen Dasselbe versteht wie wie wir. Wir verallgemeinern (generalisieren) unsere Auffassung von den Dingen und übertragen (projizieren) sie nach Außen. Dabei blenden wir aus (tilgen), dass die andere Person etwas vollkommen anderes unter denselben Worten verstehen kann. Häufig ist die Folge eine Auseinandersetzung oder ein Streit, der auf der Basis solcher Missverständnisse entstanden ist.
Ist es nicht möglich, diese Missverständnisse schon in der Entstehung zu erkennen, sodass sie sich gar nicht entfalten?
Die einfache Antwort lautet: JA, möglich ist das.
Die viel wichtigere Frage ist: Bist du bereit dafür?
Drei Schritte sind dafür Notwendig
1. Die beiderseitige Bereitschaft, die nächste Stufe, die nächsttiefere Ebene einer Beziehung zu wagen. Das impliziert das Hinterfragen der eigenen “Wahrheit.” Also wie die Welt scheinbar zu sein hat und die gleichzeitige Aufmerksamkeit während des Kontaktes zum Gegenüber. Ein HINHÖREN und Hinterfragen des Gesagten. Allein das Hinterfragen stellt für viele schon eine scheinbar unüberwindbare Hürde da. Häufig hinterfragen Menschen nicht, weil sie Angst vor der Bewertung oder Ablehnung der anderen Person haben. Sollten solche Wiederstände bei dir auftauchen, artikuliere sie. Das Artikulieren dieser Wiederstände ist echt und führt zwangsläufig in die Tiefe.
2. OBACHT! – aufmerksame Leser*innen haben bemerkt, dass auch das Wort “Bereitschaft” eine Nominalisierung darstellt. Der zweite Schritt ist das Erkennen einer Nominalisierung. Das ist am Anfang gar nicht so leicht. Das Gute ist, dass Nominalisierungen überall auftauchen, sodass sie nur darauf warten, von dir entdeckt zu werden. Du kannst also den die Nachrichtensprecher*in, Werbevideos oder Interviews studieren, bevor du in einem “direkten” Gespräch mit Menschen auf Nominalisierungen achtest. Wenn du Nomen oder Substantive findest, die nicht in eine unbegrenzt große Schublade passen, hast du es mit einer Nominalisierung zu tun. Einen “Baum” könntest du in eine Schublade packen, wenn diese groß genug wäre. “Liebe,” “Sicherheit,” oder “Leid” nicht.
3. Hinterfragen: hast du eine Nominalisierung erkannt, hinterfrage sie. “Was bedeutet für dich Liebe?” Woran erkennst du, dass du vertraust? Woran erkennst du, dass ich vertraue?” “Wie genau leidest du?” Auf dieser Basis kannst du die Antworten mit deinen Assoziationen abgleichen. Finde sowohl die Gemeinsamkeiten, als auch die Unterschiede heraus. Hast du diese identifiziert, gibt dir das Handlungsspielraum und Möglichkeiten, die unterschiedlichen Ansätze zu vergleichen und deine Perspektive zu erweitern.
Und auf den Titel zurückzukommen: Hast du jede Nominalisierung gefunden?
- Ehrlichkeit
- Liebe
- Faktor
- Missverständnisse
- Beziehungen
In diesem Sinne – viel Spaß beim anwenden!
Dein Malte
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