Schlagwort: Projektion

  • Es geht nur gemeinsam…

    Ob Du willst, oder nicht – andere Menschen prägen Dein Sein, Dein Selbst und das Verständnis Deiner Persönlichkeit. Egal wie individuell wir uns aufstellen, welche Trampelpfade wir abseits des Mainstreams suchen und begehen, je individueller wir sein wollen, desto mehr orientieren wir uns an anderen Menschen. Es geht nur gemeinsam.

    Individualität und Kollektiv gehören zusammen wie Bonny und Clyde, Tom und Jerry oder Dick und Doof. Im Spannungsverhältnis dieser zwei diametral (entgegengesetzt) liegenden Pole, bewegt sich der Mensch und bildet seine Persönlichkeit. Klammern wir die Pränatalen und Zufallsdeterminanten – wie Ort und Zeit der Geburt (und die damit verbundenen Privilegien) aus, und beschränken uns auf die Prägungen des Spannungsverhältnisses zwischen Individualität und Kollektiv, beginnt unsere Reise bei der Geburt. Das erste Aufeinandertreffen zwischen Mensch und Mensch in der Welt. Die erste soziale Interaktion – das Schreien des Neugeborenen und die Reaktion darauf. Eine von vielen weiteren sozialen Interaktionen mit weitreichenden Folgen.

    Gemeinsam wagen!

    Die Evolution des Menschen

    Der aufrechte Gang des Menschen, ein echter evolutionärer Vorteil der Urmenschen, hatte anatomisch weitreichende Folgen. Wegen der veränderten Stellung des Beckens konnte das ungeborene Baby nicht mehr so lange im Bauch der Mutter heranwachsen. Es hätte schlicht nicht mehr durch den Geburtskanal gepasst. Das bedeutet gleichzeitig, dass Menschen “unfertiger” zur Welt kommen. Das heißt, dass bestimmte Entwicklungsprozesse noch nicht abgeschlossen sind. Anders als bspw. bei Pferden. Ein Fohlen kommt auf die Welt und weiß, dass es ein Pferd ist. Kurz nach der Geburt tut es, was ein Pferd tut. Es steht auf, läuft über die Wiese und zeigt die typischen Verhaltensweisen seiner Spezies. Natürlich ist auch das Fohlen abhängig von seiner Mutter. Vergleichen wir allerdings die Abhängigkeit eines Säuglings und eines Fohlens zur Mutter, liegen da Welten. Woran liegt das?

    Neurowissenschaftlich finden wir die Antworten in der ausgebildeten Struktur des präfrontalen Kortex. Vereinfacht gesprochen wird hier das “Selbst” verortet. Beim Fohlen schon komplex ausgebildet, d.h. die typischen Verhaltensweisen und Charakterzüge der entsprechenden Pferderasse, befindet sich beim neugeborenen Menschen eine tabula rasa – ein unbeschriebenes Blatt. Die neuronale Struktur des Selbst ist aufgrund der relativ kurzen Zeit im Bauch der Mutter noch nicht ausgeprägt. Eine Begebenheit, die einen wesentlichen evolutionären Vorteil des Menschen darstellt: die extreme Anpassungsfähigkeit des Menschen.

    Ich-Werdung im Schoß des Gemeinsamen

    “Der Mensch wird am Du zum Ich.” – Martin Buber

    “Der Mensch wird am Du zum Ich.” Martin Buber beschreibt die Ich-Werdung, also die Ausbildung eines individuellen Selbst in Abhängigkeit zum DU. Gerade die ersten zwei Jahre des Lebens legen wichtige Weichen für essenzielle Bereiche in unserem Leben und sind abhängig von den sozialen Interaktionen, den Begegnungen und Beziehungen, die uns “aufgezwungen” werden. Aufgezwungen deshalb, da wir ohne soziale Interaktion nicht lebensfähig sind. Auch hier wird wieder deutlich: es geht nur gemeinsam. In dieser Zeit entsteht die Grundlage, die neuronale Struktur für unsere Einstellungen zu wichtigen Lebensbereichen. Wie leben wir Beziehungen, was bedeutet Liebe, welche Einstellung haben wir zum Thema Gesundheit, wie werden Gefühle und Emotionen gelebt, welche Rolle spielt Sport, Beruf, Geld etc. Zusammengefasst wird in den ersten Jahren der Null-Median, die Bewertungsgrundlage, das Normal der Skala definiert, das uns fortan konstant begleitet und prägt.

    Ich & Du

    Filter aus der Vergangenheit prägen unsere Gegenwart

    Diese Bewertungsgrundlage wirkt wie ein Filter, wie eine gefärbte Brille, die jede Situation in einem bestimmten Licht erscheinen lässt. Die Konsequenz der Bewertungen ist ein Verhalten, dass sich unbewusst einschleicht und in dem “ursprünglichen Kontext” auch Sinn ergibt. Oft ist das ein Verhalten, was wir als erwachsene Frau oder erwachsener Mann nicht mehr haben wollen. Es wirkt limitierend. Dennoch ist es da. Eine Art unbewusste Macht, die uns von innen her steuert. Kennst Du auch Verhaltensweisen von Dir, die zwar immer wieder auftauchen, die Du aber eigentlich im Bewusstsein nicht zeigen willst? Vielleicht wird die Stimme dünner, wenn Du vor Menschen sprichst. Vielleicht bringst Du wichtige Argumente nicht ein, vielleicht machst Du unangebrachte Witze oder überspielst Unsicherheit mit Sarkasmus.

    Viele dieser Beispiele wirken limitierend und wurzeln in den Erfahrungen, die wir in der Kindheit gemacht haben. Wenn sich solche Muster verselbstständigen, ist das Resultat häufig eine Selbstdemontage oder Abwertung. Entweder gegen Andere gerichtet, oder gegen sich selbst. Diese unbewussten Wirkkräfte sind nicht nur identifizierbar, sondern können auch an der Wurzel verändert werden. Sobald die “Wurzeln” frei liegen und die entscheidenden Weichen der Glaubenssysteme neu gestellt werden, schaffst Du die Grundlage für ein “Neues Normal”. Eine neue Bewertungsgrundlage für das eigene Leben. Ein Filter oder eine Brille, die Du bewusst wählst. Gemeinsam geht das leichter.

    Die Hinwendung zur Wurzel bedeutet oft eine Hinwendung zum Schmerz

    Diese Hinwendung zur Wurzel ist gleichzeitig die Hinwendung zu schmerzhaften Erfahrungen. Schmerzhafte Erfahrungen, die zwangsläufig auch mit der “tabula rasa”, der Unfertigkeit des Selbst zu tun haben. Ein Selbst, das in der Interaktion mit anderen Menschen entsteht. Eine Interaktion, die meistens nicht perfekt verläuft.

    Beobachten wir Neugeborene, erkennen wir schnell die vollkommene Präsenz im gegenwärtigen Gefühl. Hat das Baby Hunger, Durst, oder einen Furz quer sitzen, schreit es. Andersherum ist auch die pure Freude da, wenn Nähe ausgetauscht wird, Neues entdeckt wird oder gerade gegessen wurde. Gleichzeitig beginnt die Sozialisation. Das aufeinandertreffen von purer Präsenz im Jetzt und den äußeren Rahmenbedingungen und Regeln des Miteinanders. “Das macht man nicht.” “Führ dich nicht so auf.” etc. sind typische Sätze, die sich tiefer in unser neuronales Netz einbrennen, als die Aussprechenden für möglich halten. Eine Schattenseite des evolutionären Vorteils. Denn auch an heftige äußere Umstände kann sich der Mensch unfassbar gut anpassen. Wie auch sonst könnten manche Kinder sonst Gewalt, Liebesentzug und andere Traumata überleben? Sie müssen die Aggressoren, oft die direkten Bezugspersonen weiterhin lieben, da sie sich in einem direkten Abhängigkeitsverhältnis befinden. Sie können nur gemeinsam.

    Erwachsenwerden & die Integration des inneren Kindes

    Der Mensch wird am Du zum Ich. Als Erwachsene befinden wir uns nicht mehr in der Abhängigkeit zu unseren damaligen Bezugspersonen. Und gleichzeitig wirken die damals entstandenen Muster, als wären die prägenden Ereignisse erst gestern gewesen. Wir schützen uns, als wären wir 4 Jahre alt und verhalten uns teilweise fern ab von jeder Rationalität. Eine typische Strategie ist die Flucht in den Individualismus. Raus aus der Abhängigkeit und allein mit dem Kopf durch die Wand. Von einem Pol rennen wir zum anderen und geraten von einer Dysbalance zur nächsten.

    Vertrauen & Wagen wieder lernen

    Wie angesprochen ist eine Hinwendung zu prägenden Ereignissen und prägenden und schmerzhaften Beziehungen notwendig. Unser Unterbewusstsein meint uns schützen zu müssen, da es mit aller Kraft verhindern will, das sich das Geschehene wiederholt. Es wirkt dabei allerdings nicht auf der Basis aller Perspektiven, die Du heute zur Verfügung hast. Heute kannst Du anders auf die Situationen von Damals schauen. Du kannst Deine Beziehungen anders, emanzipierter betrachten. Die Worte von Damals und die Stimmen von heute kannst Du neu erklingen lassen.

    Prägende Erfahrungen gemeinsam angehen

    Leicht ist das vor allem dann nicht, wenn Du als Konsequenz damalig schlechter Erfahrungen mit Bezugspersonen, auf alle anderen Menschen überträgst. Natürlich ist es ein Wagnis zu vertrauen. Einen Schritt ins Unbekannte zu wagen ist ein Risiko. Ein Risiko das die Gefahr birgt, enttäuscht zu werden. Doch was steht auf der anderen Seite? Was ist, wenn Du es nicht wagst? Bleibt dann alles, wie es ist? Nein. Auch ein Nicht-Wagen ist eine Handlung, die zu Konsequenzen führt. Ein “Allein gegen die Welt” führt zu einer noch größeren Abhängigkeit zu ihr. Ein extremer Individualismus macht das DU noch größer als es sein müsste. Es geht nur gemeinsam. In der Konfrontation mit Anderen sind Deine Prägungen entstanden. Und in einer reifen Konfrontation mit anderen werden sie heilen. Der Heilungsprozess ist der Prozess des Erlebens von Wirksamkeit, die damals eingeschränkt war. Die Emanzipation aus der kindlichen Abhängigkeit.

    Individualität & Kollektiv gemeinsam in Balance

    Es geht um die Balance zwischen Individualität und Kollektiv. Die Balance zwischen Ich und DU und einem daraus resultierenden Verständnis für eine andere Perspektive auf die Welt. Denn das führt zu einem Miteinander. Einem Miteinander nach dem sich die ganze Welt sehnt. Und eine Welt, in der viele aus Angst, dass es noch schlimmer werden könnte in eine andere Richtung flüchten.

    Alles Liebe

    Dein Malte

  • Ehrlichkeit & Liebe – Die Nominalisierung als DER Faktor für Missverständnisse in Beziehungen

    Ob Liebe, Ehrlichkeit, Depressionen oder Hass. Sie alle werden aus neurolinguistischer Perspektive der sogenannten Nominalisierung zugeordnet. Allein in der Überschrift sind fünf Nominalisierungen untergebracht. Die Nominalisierung wird als sprachliches Mittel gerne genutzt. Ob als Eye-Cacher im Marketing, Headliner in Artikeln oder in der Alltagssprache, bspw. in Beziehungen.

    • Was genau ist eigentlich eine Nominalisierung?
    • Wieso wird sie so häufig genutzt?
    • Und welche Gefahren gehen mit der Verwendung einer Nominalisierung einher?
    Ein Wort mit tausenden Assoziationen: Liebe.

    Eine Nominalisierung ist eine Kategorie eines hypnotischen Sprachmusters. Verben oder Adjektive werden “nominalisiert,” also sprachlich in ein Nomen gepackt. In dieser Transformation geht etwas verloren. Der Prozess nämlich, wie es eigentlich zu dem kommt, was man ausdrücken möchte. Das klingt komplizierter als es eigentlich ist.

    Nominalisierung – ein hypnotisches Sprachmuster

    Hypnotische Sprache verwenden und brauchen wir. Diese vereinfacht und ermöglicht erst Kommunikation.

    Die hypnotische Sprache ist vage und demnach interpretierbar.

    Stell dir vor, du gibst jemandem einen Bilderrahmen mit leerer Leinwand. Diese Leinwand gestaltet dein Gegenüber dann selbst. Er oder sie füllt den Rahmen auf der Basis der Erfahrungen, die er oder sie in der Vergangenheit gemacht hat. Ein einfaches Beispiel dafür wäre: “Stell dir den Ort vor, an dem du dich am wohlsten fühlst.” Der Rahmen ist der Lieblingsort. Die Leinwand wird individuell gefüllt. Welcher Ort ausgewählt wird, weiß ich vorher nicht. Das ist nämlich je nach Gusto, Prägung oder Vorliebe hochgradig unterschiedlich.

    Auch die Nominalisierung gehört in die Kategorie der hypnotischen Sprachmuster. Schauen wir uns beispielsweise bekannte Werbespots an, werden wir immer wieder auf die ein oder andere Nominalisierung stoßen. Ob Sicherheit, Freude, Spaß oder Nutzen im Vordergrund stehen, füllen wir die Leinwände dieser Rahmen oft unbewusst auf der Basis unserer Vorstellungskraft.

    Hypnotische Fallen – Rahmen, deren Interpretation für Missverständnisse sorgen kann.

    Wie gut würde sich das anfühlen, eine Beziehung auf der Basis von Liebe und Vertrauen zu führen. Gemeinsam einen Rahmen zu erschaffen, in der echte Begegnungen und Sicherheit grundlegend sind. Wie sehr reizt dich eine solche Beziehung?

    Ein “Must-Have” in der Beziehung ist Vertrauen, Liebe, Sicherheit oder Treue.

    Wie oft hören wir solche Idealvorstellungen und wie schnell sind sich oft beide Parteien über diese Ideale einig? Wieso kommt es dennoch immer wieder zu Missverständnissen und Streitigkeiten, wenn man sich vorher so einig war? Ein Grund ist die häufige Verwendung des Sprachmusters der Nominalisierung. Hast du dich einmal gefragt, was Liebe oder Vertrauen für dich konkret bedeuten? Wie kommst du eigentlich dazu, zu vertrauen? Wie machst du das, das du liebst?

    In der Partnerschaft

    Das Bild, dass innerhalb des Rahmens der Nominalisierung gezeichnet wird, ist hochgradig individuell.

    Ebenso wie der Mensch, der es ausmalt. Deshalb verstehen zwei Menschen meistens etwas vollkommen unterschiedliches unter Liebe oder Vertrauen. Der Eine interpretiert Vertrauen als: “Mein Partner informiert mich über alles, was er tut.” Der andere als: “Meine Partnerin kann tun was sie will – das wichtige wird sie mir schon sagen.”

    Ein Klecks, viel Interpretationsspielraum – gilt das auch für Beziehungen?

    Zwei Interpretationen, einer Nominalisierung. Ohne vorher darüber geredet zu haben, was diese konkret bedeuten, können sie zu erheblichen Missverständnissen führen. Häufig gehen wir Menschen davon aus, dass unser Gegenüber unter bestimmten Dingen Dasselbe versteht wie wie wir. Wir verallgemeinern (generalisieren) unsere Auffassung von den Dingen und übertragen (projizieren) sie nach Außen. Dabei blenden wir aus (tilgen), dass die andere Person etwas vollkommen anderes unter denselben Worten verstehen kann. Häufig ist die Folge eine Auseinandersetzung oder ein Streit, der auf der Basis solcher Missverständnisse entstanden ist.

    Ist es nicht möglich, diese Missverständnisse schon in der Entstehung zu erkennen, sodass sie sich gar nicht entfalten?

    Die einfache Antwort lautet: JA, möglich ist das.

    Die viel wichtigere Frage ist: Bist du bereit dafür?

    Drei Schritte sind dafür Notwendig

    1. Die beiderseitige Bereitschaft, die nächste Stufe, die nächsttiefere Ebene einer Beziehung zu wagen. Das impliziert das Hinterfragen der eigenen “Wahrheit.” Also wie die Welt scheinbar zu sein hat und die gleichzeitige Aufmerksamkeit während des Kontaktes zum Gegenüber. Ein HINHÖREN und Hinterfragen des Gesagten. Allein das Hinterfragen stellt für viele schon eine scheinbar unüberwindbare Hürde da. Häufig hinterfragen Menschen nicht, weil sie Angst vor der Bewertung oder Ablehnung der anderen Person haben. Sollten solche Wiederstände bei dir auftauchen, artikuliere sie. Das Artikulieren dieser Wiederstände ist echt und führt zwangsläufig in die Tiefe.

    2. OBACHT! – aufmerksame Leser*innen haben bemerkt, dass auch das Wort “Bereitschaft” eine Nominalisierung darstellt. Der zweite Schritt ist das Erkennen einer Nominalisierung. Das ist am Anfang gar nicht so leicht. Das Gute ist, dass Nominalisierungen überall auftauchen, sodass sie nur darauf warten, von dir entdeckt zu werden. Du kannst also den die Nachrichtensprecher*in, Werbevideos oder Interviews studieren, bevor du in einem “direkten” Gespräch mit Menschen auf Nominalisierungen achtest. Wenn du Nomen oder Substantive findest, die nicht in eine unbegrenzt große Schublade passen, hast du es mit einer Nominalisierung zu tun. Einen “Baum” könntest du in eine Schublade packen, wenn diese groß genug wäre. “Liebe,” “Sicherheit,” oder “Leid” nicht.

    3. Hinterfragen: hast du eine Nominalisierung erkannt, hinterfrage sie. “Was bedeutet für dich Liebe?” Woran erkennst du, dass du vertraust? Woran erkennst du, dass ich vertraue?” “Wie genau leidest du?” Auf dieser Basis kannst du die Antworten mit deinen Assoziationen abgleichen. Finde sowohl die Gemeinsamkeiten, als auch die Unterschiede heraus. Hast du diese identifiziert, gibt dir das Handlungsspielraum und Möglichkeiten, die unterschiedlichen Ansätze zu vergleichen und deine Perspektive zu erweitern.

    Und auf den Titel zurückzukommen: Hast du jede Nominalisierung gefunden?

    1. Ehrlichkeit
    2. Liebe
    3. Faktor
    4. Missverständnisse
    5. Beziehungen

    In diesem Sinne – viel Spaß beim anwenden!

    Dein Malte